4. Wachstumsschub - So entwickelt sich dein Kleines
Im Alter von ca. 19 Wochen beziehungsweise viereinhalb Monaten kündigt er sich an: Der vierte Wachstumsschub. Euer kleines Wunder erwirbt neue Fähigkeiten, die es vorher nicht hatte: Die „Welt der Ereignisse“ eröffnet sich. Euer Baby beginnt zu begreifen, dass bestimmte Handlungen zu einem bestimmten Ergebnis führen.
Wichtig bei Frühchen oder „zu spät“ geborenen Babys: Den berechneten Entbindungstermin (ET) und nicht den tatsächlichen ET als Berechnungsgrundlage nutzen, weil die Hirnreife mit der Entwicklung des Babys ab der Zeugung und nicht mit der tatsächlichen Geburt zusammenhängt.
Häufig beginnt die „schwierige Phase“ im vierten Wachstumsschub schon zwei bis vier Wochen früher, denn der vierte Wachstumsschub hat es in sich: Im Gegensatz zu den bisherigen Wachstumsschüben dauert er insgesamt vier bis sechs Wochen und beschäftigt die Familie deutlich länger als bisherige Schübe.
Inhaltsverzeichnis
Die Welt der Ereignisse mit dem 4. Wachstumsschub
Verständlicherweise schreien und weinen Babys im Wachstumsschub mehr, denn sie verstehen wortwörtlich die Welt nicht mehr: Erwachsene wissen, dass ein Kind beim Trampolin springen nach dem Sprung auch wieder auf dem Boden ankommt. Oder dass ein Ball, der mit viel Kraft auf den Boden geworfen wird, noch ein bis zweimal in die Luft springt und dann wegkullert, bis er zum Liegen kommt. Wir wissen diese Dinge, weil wir sie schon oft erlebt und über sie nachgedacht haben. Für ein Baby sind diese Informationen neu, weshalb sie verwirrend und überfordernd sein können.
Euer Baby beginnt zu verstehen, dass eine Abfolge von Ereignissen zu einem bestimmten, wiederkehrenden oder unerwarteten Ergebnis führt. Deshalb prasseln auf einmal unglaublich viele neue Eindrücke auf euren Schatz ein. Alltägliche Dinge, die für uns ganz selbstverständlich sind, üben eine unbändige Faszination auf Babys aus: Ihr werdet feststellen, mit wie viel Begeisterung euer Baby beginnt, alles um sich herum zu beobachten. Überreizte oder übermüdete Babys können umgekehrt von den vielen neuen Sinneseindrücken überfordert sein. Dann tut es gut, sich in einem ruhigen und abgedunkelten Zimmer zurückzuziehen und eine Runde zu stillen oder zu kuscheln. Auch die Wunderwiege kann überreizten Babys dabei helfen, sich zu entspannen.
4. Wachstumsschub: Anzeichen
Der vierte Wachstumsschub zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass euer kleiner Schatz vermutlich mehr als bisher eure volle Aufmerksamkeit einfordert. Es genügt nicht, „nur“ in eurer Nähe oder auf eurem Schoß zu sein, sondern ihr sollt euch ausschließlich mit ihm beschäftigen. Dass euer kleiner Schatz im Moment vermehrt klammert, weinerlich und launisch ist, ist völlig normal. Als Bezugsperson seid ihr sein „sicherer Hafen“ und gebt ihm Sicherheit und Geborgenheit.
Es kann auch sein, dass euer Baby schlechter schläft, fremdelt, sein Trinkverhalten verändert oder stiller ist als vorher. Manche Babys brauchen zeitweise wieder mehr Unterstützung beim Köpfchen halten und lassen sich, vor allem beim Weinen, buchstäblich hängen. Dieser scheinbare Rückschritt in der mentalen Entwicklung ist vielmehr der Vorbote eines erheblichen Fortschritts, der zwar für alle Beteiligten sehr anstrengend ist, aber zum Glück nur eine vorübergehende Phase.
Auch im 4. Wachstumsschub das Baby nicht schreien lassen
Das Baby ist nun offensichtlich kein Neugeborenes mehr und manche Eltern fragen sich zu diesem Zeitpunkt, ob sie ihr Baby zu sehr „verwöhnen“, wenn sie stets auf seine Launen eingehen und auf das Schreien immer sofort reagieren. Ein Baby im Alter von ca. vier Monaten kann sich nicht anders ausdrücken als durch Weinen und Schreien, weil es Sprechen und andere Kommunikationsformen erst lernen muss. Es ist angewiesen auf die Unterstützung seiner Bezugspersonen und möchte mit seinem Weinen oder Schreien ausdrücken, dass es Hilfe braucht.
Keineswegs ist ein Baby in diesem Alter kognitiv dazu in der Lage, die Eltern mit seinem Verhalten zu manipulieren oder zu konditionieren. Eltern brauchen sich also keine Sorgen machen, dass sie ihr Kind „verwöhnen“, wenn sie es unterstützen. Im Gegenteil, für das Entwickeln eines gesunden Urvertrauens und einer guten Eltern-Kind-Beziehung ist es von enormer Wichtigkeit, dass Eltern ihre Kinder nicht schreien lassen. Die Fähigkeit, sich selbst zu regulieren, entwickelt sich mit zunehmendem Alter – vorausgesetzt, sie erfahren von Geburt an Sicherheit und emotionale Stabilität.
4. Wachstumsschub: Neue Fähigkeiten
Alltägliche Dinge wie Staubsaugen, Gemüse schneiden oder Wäsche zusammenlegen faszinieren Babys im vierten Wachstumsschub sehr. Diese „Ereignisse“, die in der immer gleichen Reihenfolge ablaufen und am Ende zu einem Ergebnis führen, sind der Dreh- und Angelpunkt im vierten Wachstumsschub. Euer kleiner Schatz entdeckt nun auch, dass er eigene Ereignisse verursachen kann: Zum Beispiel indem er die Rassel nicht nur greift, sondern auch schüttelt, um Geräusche zu erzeugen. Auch das systematische „Schlagen“ von Spielzeug auf harten Untergrund, damit es Geräusche macht, oder das wiederholte zu Boden werfen von Dingen sind diesem Lernfenster zuzuordnen. Achtung vor Kleinteilen: Babys beginnen nun, Dinge in ihrer Reichweite zum Mund zu führen, um sie genauer zu untersuchen. Spätestens jetzt solltet ihr also damit beginnen, eure Wohnung kindersicher zu machen.
Spielidee im 4. Wachstumsschub: Guck-Guck
Euer Baby hat nun begriffen, dass eine Sache aus der Abfolge verschiedener Ereignisse besteht. Deshalb weiß es auch, dass Gegenstände hinter dem Rücken nicht einfach „weg sind“. Stattdessen versuchen sie, dem Gegenstand nachzuschauen und warten darauf, dass er wieder zum Vorschein kommt. Deshalb lieben viele Babys jetzt das klassische „Guck-Guck-Spiel“, bei dem die Eltern sich die Hände vors Gesicht halten oder hinter einem Mulltuch verstecken und plötzlich wieder auftauchen. Aber Achtung: Manche Babys weinen auch, wenn Mama oder Papa plötzlich außer Sichtweite sind. In dem Fall lieber erstmal mit Spielsachen oder Büchern „üben“.
Spielidee im 4. Wachstumsschub: Fingerspiele
Auch Fingerspiele kommen bei vielen Babys im vierten Wachstumsschub gut an: Die gleichbleibenden Bewegungen, dazu die sich wiederholenden Worte und eine eingängige Melodie sorgen für Begeisterung. Bestimmt könnt ihr euch noch an den Klassiker „10 kleine Zappelmänner“ aus eurer eigenen Kindheit erinnern? Vielleicht versucht euer kleiner Schatz sogar schon bald, die Handbewegungen und Laute nachzumachen. Auch Spiegel können Faszination bei Babys im vierten Wachstumsschub auslösen: Entweder, weil sie ihr eigenes Spiegelbild anlachen oder weil sie Angst davor haben und damit „fremdeln“.
4. Wachstumsschub: Körperbeherrschung
Manche Babys sind im Alter von ca. viereinhalb Monaten bereits in der Lage, sich vom Rücken in die Seitenlage und vielleicht sogar auf den Bauch zu drehen. Auch hierbei handelt es sich um eine Abfolge fließender Übergänge: Erst die Beine in die Luft werfen, dann die Hüfte drehen und die Rückenmuskulatur anspannen. Einige Babys starten nun ihre ersten Fortbewegungsversuche: Sie strampeln in Rückenlage heftig, strecken den Po in die Luft und schieben sich vorwärts und rückwärts.
Auch das Erforschen mit dem Mund steht immer noch hoch im Kurs: Jetzt, wo die Bewegungsabläufe gezielter werden, landen immer mehr Gegenstände und auch eigene Körperteile gezielt im Mund, um dort ausführlich untersucht zu werden. Oberflächen, Konsistenzen und Geschmäcker geben eurem kleinen Schatz Aufschluss darüber, was sich da gerade in seinem Mund befindet. Übrigens ist es ganz normal, dass Babys in dem Alter Dinge lieber mit dem Mund als mit den Augen untersuchen. Der Tastsinn im Mund ist in dieser Entwicklungsphase deutlich besser entwickelt als der Sehsinn.
4. Wachstumsschub: Sprachentwicklung
Auch die Sprachentwicklung macht einen großen Sprung im vierten Wachstumsschub: Babys lieben es, mit Lauten in einer Abfolge zu experimentieren, die sich fast schon wie richtige Sätze anhören. Dabei verwenden sie auch immer häufiger Konsonanten und trainieren fleißig die Oralmotorik. Ihr könnt die Sprach- und Sprechentwicklung eures Babys fördern, indem ihr auf seine Ansprache freundlich und aufmerksam reagiert und es zum Plappern ermutigt.
4. Wachstumsschub: Hilfe für Eltern
Für Eltern ist der vierte Wachstumsschub eine besonders anstrengende Zeit: Weil der Schub besonders lange dauert und sich dadurch von den vorherigen Schüben abhebt, kommt es vielen so vor, als würde die schwierige Phase des Schubs nie enden wollen. Die Stimmung des Babys wechselt häufig und viele Eltern stoßen an ihre Grenzen dabei, immer auf das fordernde Baby und seine Bedürfnisse einzugehen.
Hilfreich kann es sein, ein paar Tage lang eine Art Tagebuch über die Stimmung eures kleinen Schatzes zu führen: Vielleicht erkennt ihr einen Zusammenhang mit Aktivitäten, Schlafenszeiten oder Tageszeiten und den Stimmungsschwankungen und Schreistunden. Das Protokollieren visualisiert: Die Tage und Wochen vergehen und bald ist es geschafft. Aber Achtung: Wahrscheinlich ändert sich gerade dann, wenn ihr denkt dahinter gekommen zu sein, die Verfassung eures Babys wieder. Das ist das Tückische an den Wachstumsschüben.
Während 4. Wachstumsschubs: Pausen machen & Unterstützung holen
Deshalb ist es wichtig, dass Eltern sich frühzeitig Unterstützung holen und immer wieder kleine Auszeiten gönnen, um wieder Kraft zu tanken. Wem das Abwechseln nicht reicht oder wer alleinerziehend ist, sollte sich nicht scheuen, um externe Hilfe zu bitten: Familie, Freunde oder Nachbarn machen bestimmt gerne einen ausgiebigen Spaziergang, während ihr euch ein Nickerchen oder ein entspannendes Vollbad gönnt. Auch geschulte Ehrenamtliche können eine gute Option zur Entlastung sein, zum Beispiel bei wellcome.
Wer sich Sorgen um das gesundheitliche Wohlergehen seines Babys im vierten Wachstumsschub macht, sollte nicht zögern, mit Kinderärztin oder Hebamme zu sprechen. Auch der Austausch mit anderen Eltern kann hilfreich sein: Zu wissen, dass man nicht allein ist und sich gegenseitig zu erinnern, dass auch diese Phase vorübergehen wird, ist tröstlich. Und wenn der vierte Wachstumsschub geschafft ist, könnt ihr euch erstmal wieder zurücklehnen: Der fünfte Schub (um die 26. Woche) und der sechste Schub (um die 37. Woche) fallen beide in der Regel milder und kürzer aus als der vierte Wachstumsschub.