Der dritte Wachstumsschub – So entwickelt sich dein Kleines
Mit jedem Wachstumsschub geht die mentale Entwicklung deines Babys voran: Jedes Mal lernt dein Baby etwas Neues, wird etwas selbstständiger und kommt ein Stückchen mehr in der Welt an. Der dritte Wachstumsschub findet ca. um die 12. Lebenswoche statt, kann sich aber auch um 1-2 Wochen nach vorne oder hinten verschieben. In seiner Ausprägung ist er meist heftig, dafür aber zeitlich eher kurz (einige Tage bis eine Woche).
Wichtig bei Früh- oder Spätgeburten: Den berechneten ET und nicht den tatsächlichen ET als Berechnungsgrundlage nutzen, weil die Hirnreife mit der Zeugung und nicht mit der tatsächlichen Geburt zusammenhängt. Ein zu früh geborenes Baby legt nicht den Turbogang bei seiner mentalen Entwicklung ein, ebenso wie ein zu spät geborenes Baby nicht die Pause-Taste drückt.
Jedes Baby ist individuell und entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Während die einen vor allem ihre motorischen Fähigkeiten trainieren wollen, stehen bei anderen Babys die Sprech- und Sprachfähigkeiten im Fokus. Jedes Baby entwickelt sich anders und das sagt auch etwas über den zukünftigen Charakter deines kleinen Wunders aus. Wachstumsschübe sind also eine gute Gelegenheit, dein Kleines besser kennenzulernen und seine individuellen Vorlieben und Fähigkeiten zu fördern.
Inhaltsverzeichnis
Wachstumsschub = Veränderung
Für das kindliche Gehirn ist jeder Wachstumsschub enorm anstrengend: Es passiert so viel auf einmal, dass das Kind emotional überfordert ist und seine Welt aus dem Gleichgewicht gerät. Deshalb braucht es die Unterstützung seiner Eltern und Bezugspersonen, die ihm Halt und Sicherheit geben, wie ein sicherer Hafen. Unruhige Nächte, schlechte Laune und Unwohlsein lassen sich deutlich besser ertragen, wenn man seine Lieblingsmenschen in der Nähe hat. Deshalb gilt auch beim dritten Wachstumsschub: Das Baby nicht unnötig weinen lassen, sondern den Wunsch nach Nähe akzeptieren und nachkommen.
Wachstumsschub? Akuthilfe für Eltern
Sinnvolle Helferlein sind an solchen Tagen zum Beispiel ein Tragetuch oder eine Babytrage, um gleichzeitig das Bedürfnis des Babys nach Nähe zu befriedigen und trotzdem das Nötigste im Haushalt oder für Geschwisterkinder zu erledigen. Auch die Wunderwiege kann euch helfen: Während dein kleines Wunder in der Wiege entspannt, weil ihm die sanften Schwingungen vertraut sind und es in der Hängematte optimal von den vielen Umgebungsreizen abgeschirmt wird, kannst du eine wohlverdiente Pause genießen und neue Kraft tanken.
Anzeichen dritter Wachstumsschub
Vielen Eltern sind die typischen Anzeichen eines Wachstumsschubs mittlerweile vertraut: Zum Beispiel vermehrtes Weinen und Quengeln, plötzliche Schreiattacken sowie ein verstärktes Bedürfnis nach Nähe und Anhänglichkeit. Viele Babys wollen während eines Wachstumsschubs den ganzen Tag auf Mama oder Papa sein und können nur bei viel Körperkontakt einschlafen. Auch Reizbarkeit, Klammern und ein verändertes Trinkverhalten sind typische Anzeichen. Saugen steht derzeit hoch im Kurs: Deshalb wollen viele Babys häufig stillen, auch wenn sie dabei mehr nuckeln als trinken, oder beginnen mit dem Daumenlutschen.
Mit circa drei Monaten fangen viele Babys mit dem Fremdeln an und protestieren lauthals, wenn sie von einer weniger bekannten Person auf den Arm genommen werden. Manchmal reicht es schon, wenn Papa statt Mama zum Trösten kommt. Auch ein verändertes Schlafverhalten, verstärkte Müdigkeit und Schlafprobleme sind typisch für den dritten Wachstumsschub. Manche Babys machen weniger Geräusche oder bewegen sich nicht mehr so eifrig wie vorher: Dieses Verhalten lässt sich dadurch erklären, dass unglaublich viele neue Eindrücke auf das Baby einprasseln und es reizüberflutet ist.
Dritter Wachstumsschub: Diese Fähigkeiten stehen im Fokus
Über den dritten Wachstumsschub könnte man die Überschrift „fließende Übergänge“ setzen: Gemeint sind damit für Erwachsene ganz alltägliche Übergänge wie beispielsweise Tonhöhen, Helligkeitsstufen oder sich bewegende Dinge. Für Babys ist die Erkenntnis, dass es fließende Übergänge gibt, sehr komplex und es verändert ihre Weltanschauung fundamental: Sie sehen, riechen, hören, schmecken und fühlen völlig neue Dinge. Deshalb geht es beim dritten Wachstumsschub verstärkt um Körperwahrnehmung und Motorik: Die fließenden Bewegungen des eigenen Körpers, zum Beispiel beim Greifen nach Gegenständen, üben Faszination aus.
Auch die Kommunikation und soziale Interaktion entwickeln sich erheblich weiter, das Experimentieren mit Geräuschen und Mimik gehören ebenso dazu wie das Spiegeln von Grimassen oder Mamas Lächeln. Ebenso macht die Sehfähigkeit deines Babys einen Entwicklungssprung. Während das Sichtfeld eines Neugeborenen sehr eingeschränkt ist und es nur auf ca. 20 cm Entfernung scharf sehen kann, können Babys im Alter von ca. 12 Wochen einen ganzen Raum überblicken und Gegenständen oder Personen mit den Augen folgen, ohne den Kopf dabei zu bewegen.
Dritter Wachstumsschub: Das passiert jetzt
Das Greifen nach einem Gegenstand ist ein einziger fließender Übergang, weshalb dein Baby es fleißig trainiert. Weil es deinem Schatz noch schwerfällt, Distanzen richtig einzuschätzen, gelingt es nicht immer und das kann frustrierend sein. Während manche Babys es geduldig wieder und wieder versuchen, haben andere schnell keine Lust mehr oder ärgern sich lauthals über den Misserfolg. Wenn du dein Baby genau beobachtest, kannst du also schon Züge zukünftiger Charaktereigenschaften wie zum Beispiel Geduld, Ausdauer, Ehrgeiz oder Willenskraft kennenlernen.
Viele Kinder beginnen jetzt damit, alles, was sie greifen können in den Mund zu stecken: Die sogenannte orale Phase beginnt. Der Grund dafür ist, dass der Mund in den ersten Lebensmonaten das bevorzugte Tastorgan ist. Damit können sie Gegenstände viel besser in Form, Beschaffenheit und Oberfläche kennenlernen und auf Spieltauglichkeit testen. Deshalb ist es auch spätestens jetzt an der Zeit, die Wohnung kindersicher zu machen und zum Beispiel giftige Pflanzen, leicht zerbrechliche Deko-Gegenstände oder chemische Substanzen wie Putzmittel oder Medikamente außer Reichweite zu verstauen.
Dritter Wachstumsschub: Sprech- und Sprachentwicklung
Die Bauchlage ist eine wichtige Position in diesem Alter, denn der Kopf kann immer besser selbst gehalten werden und die Rücken- und Bauchmuskulatur will fleißig trainiert werden. Wenn du von der anderen Seite des Raums mit ihm sprichst oder spannende Geräusche machst, wird dein kleines Wunder immer öfter versuchen, den Kopf in die richtige Richtung zu drehen. Vielen Kindern gefällt es, jetzt mit Rasseln oder Knistertüchern zu spielen und dadurch selbst Geräusche zu verursachen.
Dein Baby entdeckt spätestens jetzt auch die eigene Stimme und quietscht, brabbelt, kräht und kreischt munter vor sich hin. Der fließende Übergang von leisen zu lauten Geräuschen und wieder zurück ist für dein Baby ein komplexer Prozess. Auch, wenn das Experimentieren zur Geduldsprobe für Eltern und Nachbarn werden kann, sollte das Spiel mit der eigenen Stimme nicht unterbunden werden: Es ist ein wichtiger Schritt in der kognitiven Entwicklung. Dein Baby erfährt erstmals, dass es anders als durch Schreien auf sich aufmerksam machen kann und beginnt, mit dir zu kommunizieren. Außerdem werden auf diese Weise die Stimmbänder sowie die Zungen- und Lippenmuskulatur trainiert. Vielleicht produziert dein kleiner Spatz dabei sogar ein paar goldige Spuckebläschen: Beim Trainieren einer fließenden Bewegung mit der Zunge fangen sie manchmal an, kleine Bläschen zu pusten.
Dritter Wachstumsschub: Das Sozialverhalten
Viele Babys lieben es, wenn Mama oder Papa die neu gelernten Geräusche nachmachen. Diese ersten Konversationen sind ein wichtiger Meilenstein in der sozialen Entwicklung deines Babys. Überhaupt zeigt dein kleines Wunder plötzlich viel mehr Interesse an seiner Umwelt: Immer öfter wird das Köpfchen gereckt, um etwas vom Geschehen mitzubekommen. Die Liegeposition, in der man nicht sehen kann was Mama oder Papa gerade machen, sorgt hingegen öfter mal für lautstarken Protest.
Babys im dritten Wachstumsschub erkunden gerne ihr Gegenüber, indem sie das Gesicht, die Haare oder die Kleidung anfassen und untersuchen. Das Beobachten von Gesichtern macht ihnen Freude, vor allem von ihren Liebsten. Manche Babys können sich nun auch schon eine kurze Weile mit sich selber beschäftigen und zum Beispiel ihren Spielebogen, ein Kuscheltier oder den eigenen Körper untersuchen.
Dritter Wachstumsschub: Spiele für dein Baby
Das Baby beim Entdecken und Trainieren neuer Fähigkeiten zu unterstützen, stärkt die Beziehung zueinander und ist eine schöne Möglichkeit, um sich noch besser kennenzulernen. Babys lieben es, strampeln zu können. Am liebsten nackt, ohne störende Kleidung und mit ganz viel Bewegungsfreiheit. Wenn das, aufgrund der kühlen Jahreszeit, nicht möglich ist: Auf möglichst weiche, leichte und frei bewegliche Kleidung achten. Auch „Flugzeug spielen“ steht derzeit hoch im Kurs: Auf dem Arm durch den Raum zu fliegen, zwischendurch zu landen und wieder abzuheben, ist eine einzige fließende Bewegung und lässt Babys in diesem Alter vor Freude juchzen und quietschen.
Unterstütze dein Baby beim Fühlen: Wenn es einen Gegenstand gegriffen hat, erkläre ihm doch einfach, was es gerade fühlt und lass es auch mal andere Oberflächenstrukturen anfassen. So lernt es unterschiedliche Materialien und Texturen kennen. Ein Fühlbuch oder ein Spielebogen mit unterschiedlichen Anhängern sind jetzt ein beliebtes Spielzeug, mit dem sich dein Baby ausgiebig beschäftigen kann.
Dritter Wachstumsschub: Das Trinkverhalten
Dass man in stressigen Lebensphasen mal nicht so viel Appetit hat, kennen wir Erwachsenen gut. Auch bei deinem Baby sind Psyche und Darm eng miteinander verbunden. Wenn der Wachstumsschub deinem Baby also auf den Magen schlägt und es nicht mehr so viel, so häufig oder so lange trinkt wie vorher, musst du dir nicht sofort Sorgen machen. Halte nicht stur an bisherigen Abständigen und Häufigkeiten fest, sondern sei flexibel und orientiere dich am Appetit deines Babys. Wenn du unsicher bezüglich der Trinkmenge bist, kannst du auch deine Hebamme oder deine Kinderärztin um Rat fragen.
Vielleicht möchte dein kleines Wunder im Moment aber auch ständig trinken. Der Magen wird größer und in Entwicklungsphasen braucht das Gehirn ohnehin zusätzlichen Treibstoff, um gut funktionieren zu können. Gleichzeitig lässt es sich leichter von der Umwelt ablenken und konzentriert sich nicht mehr ausschließlich auf das Stillen oder die Flasche. Abhilfe schaffen kann es, ein festes Ritual aus dem Stillen oder Fläschchen geben zu machen und dabei immer einen ruhigen Platz ohne äußere Reize zu wählen. Manchen Babys hilft auch eine Mullwindel über der Schulter von Mama, die es ein wenig von der Umwelt abschirmt.
Dritter Wachstumsschub: Rituale helfen deinem Baby
Im Allgemeinen ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um Rituale und Routinen zu etablieren: Sie dienen deinem kleinen Wunder als Orientierungshilfe und geben Sicherheit. Gemeint sind damit nicht stundenlange Prozeduren oder umständliche Abläufe, sondern vielmehr Fixpunkte im Alltag: Zum Beispiel das Einschalten des Nachtlichts und das Singen eines Schlafliedes als Einklang zur Einschlafbegleitung. Oder eben den Gang zum festen Stillplatz und die immer gleiche Umgebung währenddessen. Durch Rituale verknüpft dein Baby Handlungen oder Tätigkeiten mit einem Ereignis und kann sich innerlich darauf einstellen.
Während eines Wachstumsschubs ist es grundsätzlich immer ratsam, flexibel im Tagesablauf zu bleiben und nicht zu viele Termine auszumachen. Weil das kindliche Gehirn ohnehin von Eindrücken und Reizen geflutet wird, tut es ihm gut, wenn die äußeren Reize und Eindrücke reduziert werden. Statt Verabredungen und aufregenden Aktivitäten gefällt es deinem Baby im Moment besser, viel Zeit in vertrauten Räumen zu verbringen oder ruhige Waldspaziergänge mit dir zu machen. Auch ruhige Musik können bei Überreizung helfen, ebenso wie viel Körperkontakt und der vertraute Geruch von Mama oder Papa.
Dritter Wachstumsschub: Das Schlafverhalten
Das Erkennen von Ritualen, welches in diesem Wachstumsschub eine besondere Rolle spielt, nimmt auch das Schlafen nicht aus. Viele Babys schlafen als Neugeborene und in den ersten Lebenswochen beim Trinken an Brust oder Flasche ein und speichern dieses Ritual als festes und wichtiges Muster ab. Das führt früher oder später dazu, dass diese Einschlafhilfe auch eingefordert wird. So wird euer kleines Wunder nachts vielleicht unnötig aus dem Leichtschlaf heraus richtig wach und weckt euch auf, weil es annimmt, dass es nur mithilfe der Milch weiterschlummern kann.
Deshalb könntest du nach dem dritten Wachstumsschub gezielt versuchen, dein Baby ohne Milch zum Einschlafen zu bringen. Wecke es nicht absichtlich, aber füttere es zum Beispiel in einem hellen und belebten Raum und halte es durch etwas Interaktion beim Trinken wach. Anfangs genügt es, das ein bis zweimal täglich zu machen, und natürlich nur wenn dein Baby gut gelaunt und nicht reizüberflutet ist. Anschließend kannst du versuchen, dein Baby zum Beispiel durch Kuscheln, Körpernähe oder ein Schmusetuch in einem abgedunkelten Zimmer zum Einschlafen zu bringen und so das Muster „Einschlafstillen“ beziehungsweise „Einschlaftrinken“ zu durchbrechen.
Ein alternatives Einschlafritual könnte es sein, dein Baby in der Wunderwiege einschlafen zu lassen und anschließend in sein Babybett umzubetten. Für den Tagschlaf darf es auch ruhig die ganze Zeit in der Wunderwiege bleiben, allerdings sollte es dort nie unbeaufsichtigt schlummern.
Dritter Wachstumsschub: Unterstützung für Eltern
Da jedes Baby sich in seinem eigenen Tempo entwickelt und seine eigenen Vorlieben und Interessen hat, ist es ganz normal, dass manche Dinge im Wachstumsschub zunächst vernachlässigt werden und andere umso intensiver trainiert. Es sollte Eltern also nicht verunsichern, wenn gleichaltrige Kinder aus der Krabbelgruppe oder im Freundeskreis schon Sachen können, die das eigene Baby noch nicht für sich entdeckt hat. Wer sich sorgt, dass das eigene Kind dennoch entwicklungsverzögert ist, kann Rat bei seiner Hebamme oder in der Kinderarztpraxis suchen. Die anstehende Vorsorgeuntersuchung U4, welche zwischen dem dritten und vierten Lebensmonat stattfindet, bietet eine gute Gelegenheit, um Fragen und Unsicherheiten zu klären.
Nicht nur das Kind entwickelt sich im Wachstumsschub weiter, auch die Eltern kommen immer mehr in ihrer neuen Rolle an und haben nach drei Monaten an Selbstsicherheit und Erfahrung gewonnen. Die Herausforderung, rund um die Uhr für ein Baby zu sorgen und die eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen, ist kräftezehrend. Zeit für sich und zum Auftanken sollte deshalb auch in den stressigen Phasen der Wachstumsschübe nicht zu kurz kommen. Hilfe annehmen und bewusst darum bitten, wenn man eine Pause braucht, ist für Eltern besonders wichtig.